Oft erscheinen komische Einlagen oder lazzi, die in der Tradition der commedia dell’arte stehen, in Dramentexten zunächst als marginale Ereignisse: Wo das lustige Extemporieren stattfindet, etwa in den Haupt- und Staatsaktionen des 17. und 18. Jahrhunderts, vermerken Regieanweisungen es nur rudimentär: Hanswurst „macht seine lazzi nach Belieben“, heißt es dann. Es lässt sich kaum rekonstruieren, was genau in welchem Umfang auf die Bühne gebracht wurde. Die Verschriftlichung spart insbesondere Details von Körperkomik aus; teils weil die Ausgestaltung der lazzi von einzelnen Schauspieler*innen abhängt, also variabel ist; teils weil es kein Notationssystem für lustige Einlagen gibt. Von dieser medial bedingten Randständigkeit komischer Handlungen, die oft à part, also am Rand der Bühne sowie der Diegese stattfinden, darf jedoch weder auf ihre grundlegende Marginalität noch auf ihre geringe Wirkung geschlossen werden.
Die im Beitrag untersuchte Komik hat als Fortentwicklung der antiken Parabase – „wörtlich das physische Daneben-Treten, Zur-Seite-Gehen“ – am Rand der Theaterbühne ihren Ort, und geht, so Bettine Menke, von einem „Chor der Nicht-Zugehörigen, indefiniter Heterogenitäten, fluider Marginalitäten“ aus. Um Funktionen und Effekte dieser Komik auszuloten, geht der Beitrag entsprechenden Bühnenrollen wie Pickelhering, Hanswurst und Bernardon nach, er hinterfragt jedoch die Randständigkeit ihres komödiantischen Danebenbenehmens. Indem lazzi die Ränder sozial akzeptablen Verhaltens überschreiten, machen sie just auf Grenzen und Prozesse der Grenzziehung aufmerksam, d.h. auf ein anderes Marginalisiertes: auf die unscheinbaren Unterscheidungen und Übereinkünfte, die Kultur hervorbringen und zentral strukturieren.
Die dezidierte Interaktion mit dem Publikum im ad spectatores lässt die komödiantische Verhandlung kultureller Konventionen besonders einprägsam werden, was viele Stücke selbstbewusst reflektieren. Dass die „Lustbahrkeiten des Hw [Hanswurst]“, wie die einem Stranitzky-Stück vorangestellte Inhaltsangabe formuliert, zur „Haubtaction ein Merckliches beytragen“, insinuiert, dass es eben die komischen Einlagen sind, bei denen Zuschauende aufmerken. Lazzi sind insofern das eigentlich Merk-Würdige und damit Wirkmächtige, nicht zuletzt, weil Körperkomik überhaupt erst Publika heranschafft. Mit Einlagen, die sich Darsteller*innen gut bezahlen ließen, finanzierten Theaterhäuser Programmpunkte, die den Geschmack der Leute weniger trafen. Anders formuliert: Just das in ästhetischen Schriften der Zeit Verpönte subventioniert aus ökonomischer Perspektive die eigentlich randständigen, heute jedoch paradoxerweise als kanonisch geltenden Produktionen, weshalb der Beitrag auch danach fragt, inwiefern die Stücke ihre Komik medienreflexiv ausgestalten. In jedem Fall gilt, dass Komik am Rande keinesfalls randständig, sondern ganz im Gegenteil zentral für gesellschaftliche Wirkungen und literarhistorische Effekte ist.
Das Programm der Sektion „Komik am Rande – am Rande der Komik“ ist hier abrufbar.
Das Gesamtprogramm der Tagung findet sich hier.