This session will be held in German.
Ich möchte über zwei Familien forschen und ihre Biographien in einem Buch zusammenführen. Es geht um die Beckers und die Cohn-Bendits. Bei der einen Familie steht Hellmut Becker (1913-1993) im Zentrum, „Bildungsbecker“ gerufen, einer der schillerndsten öffentlichen Personen der Bundesrepublik; bei der anderen Daniel Cohn-Bendit (geb. 1945), der im Pariser Mai 68 (in seinen euphorisierten Worten von damals) „Geschichte machte“ und ein „Akteur der Weltgeschichte“ wurde. Die Familien dienen als Reiseführer durch das deutsche 20. Jahrhundert, insbesondere in Hinsicht auf den Komplex deutsch-jüdischer Fragen. Folgt man den Beckers und den Cohn-Bendits, gelangt man direkt ins dunkle Zentrum von Diktatur, Flucht, Krieg, Massenmord, samt der „Aufarbeitung“ dieser Vergangenheit und ihrer Illusionen. Zudem begibt man sich auf Expeditionen in die politisierte Justiz und den politischen Aktivismus, in die Sphären von Bildung und Erziehung, insbesondere die Reformpädagogik, in die Felder von Psychoanalyse, Psychotherapie, Sexualwissenschaften, manchmal führt der Weg nach Frankreich und Israel. Nicht zuletzt spielt die kleine deutsche Kulturrevolution von „68“ und ihre Folgen sowohl bei den Beckers als auch den Cohn-Bendits eine große Rolle. Und natürlich sind angesichts einer Geschichte mit Abgründen Fragen der Identität bedeutend, von Zugehörigkeiten und Selbstentwürfen, über Generationen hinweg. Die Beckers und Cohn-Bendits gehören zu den Eliten des Landes, aber doch auf unterschiedliche Art und Weise: Während die Beckers tragender Teil der liberalen Geistesaristokratie waren, zählten die Cohn-Bendits zum Führungspersonal linker Gegenöffentlichkeit und deren politischer Kultur.