07.06.

Di / 18:00 – 19:30

Obsoleszenz als ästhetisches Phänomen

In der Reihe "Live aus dem Gartensaal"

Hanna Engelmeier (KWI)

Online (Zoom) & Gartensaal, Kulturwissenschaftliches Instituts Essen (KWI), Goethestraße 31, 45128 Essen

Obsoleszenz ist vielen vor allem als Phänomen der Konsumgesellschaft bekannt: unnötig schnell kaputt gehende Ladekabel, zerrissene Strumpfhosen oder kurzlebige Glübirnen haben schon viele geärgert. Als geplanter Verschleiß steht Obsoleszenz schon seit den 1970er Jahren im Zentrum von ökonomischen und ökologischen Debatten. Gleichfalls hat die Technik- und Mediengeschichte die Obsoleszenz für sich als Thema entdeckt, eignet sie sich doch hervorragend, um historische Umbrüche in der Erforschung von Kulturtechniken dingfest zu machen: Das Aufkommen von neuen Medien macht schließlich diejenigen, die vorher da waren, zu alten Medien.

Dieser Vortrag widmet sich nun der Frage, wie man Konzepte des Veraltens, Verschleißens oder Überflüssigwerdens auf Objekte und Phänomene übertragen kann, die immateriell vorliegen. Im Fokus steht dabei hier die Frage nach dem (literarischen) Kanon. Kanones sind als Werkzeuge, die gegen das Vergessen arbeiten besonders geeignet, um Obsoleszenz vorzubeugen: Was hier aufgenommen wird, soll nicht veralten. Als als Listen vorbildlicher Werke insbesondere in den identitätspolitischen Debatten der letzten Jahre wieder stärker thematisiert worden, dabei sind sie niemals unproblematisch gewesen – und weit davon entfernt, nicht ständig zu veralten und neu geschrieben zu werden.

In diesem Beitrag zu Live aus dem Gartensaal wird die Diskussion darüber, was kanonisch wird, was veraltet und was wiederentdeckt wird, um dann kanonisch zu werden geführt. Zu diesem Zweck stehen sich zwei vergessene und dann wiederentdeckte Autorinnen der späten 1920er und 30er Jahre gegenüber: Juliane Karwarth und Gabriele Tergit. Wie kommt es dazu, dass literarische Texte weiter- oder wiedergelesen werden, oder auf immer in der Versenkung verschwinden? Ist es ein Fall echten Veraltens, oder lediglich einer historisch und sozial bedingter Moden und Vorlieben?

Über “Live aus dem Gartensaal”:
In den vergangenen Semestern haben wir in unseren Vortragsreihen Kolleg*innen aus den Nachbaruniversitäten und aus den internationalen Netzwerken des KWI „Carte Blanche“ gegeben und Einblicke in eine große Bandbreite von kulturwissenschaftlichen Themen und Forschungsprojekten gewonnen.

In diesem Sommersemester betreten nun unter dem Titel „Live aus dem Gartensaal“ Kolleg*innen aus dem Haus die KWI-Bühne: Hanna Engelmeier und Stefan Höhne berichten aus ihrer aktuellen Forschung, Martina Franzen stellt ihr Projekt als Postdoc im „Rhine Ruhr Centre for Science Communication Research“ vor. Wir freuen uns auf ihre Vorträge und neuen Forschungsthemen!