„Alternative Fakten“, Verschwörungstheorien oder Wissenschaftsleugnung – sie alle sind Symptome einer Krise der Faktizität, die sich durch komplexere Formen des Relativismus, des Vertrauensverlustes und der Wissenschaftsskepsis auszeichnet. Daraus erwachsen auch neue Herausforderungen für die Wissenschaft und die Kommunikation ihrer Forschungsergebnisse. Sie muss nicht nur Resultate der Fachdisziplinen vermitteln, sondern auch Wissen über das Wissenschaftssystem selbst und über die Diversität und Grenzen verlässlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse. Das von der VolkswagenStiftung über zunächst fünf Jahre geförderte Rhine Ruhr Center for Science Communication Research (RRC) setzt an genau diesem Punkt an. Ziel ist es, sowohl die Inhalte von Wissenschaftskommunikation als auch die Strukturen ihrer Erforschung zu reorganisieren, um die faktische Urteilskraft der Öffentlichkeit zu schärfen und eine aktivere Kommunikation mit der Wissenschaft anzuregen.
Als Verbundprojekt der TU Dortmund, des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI), der Universität Bonn sowie der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg profitiert das RRC von Verbindungen zu journalistischen Netzwerken und Institutionen an Rhein und Ruhr. Mit den Praxispartnern Science Media Center Germany (SMC) und der Wissenschaftspressekonferenz (WPK) können so Kommunikations- und Forschungsinfrastrukturen entwickelt und aufgebaut werden, die ausgehend von der dichten Wissenschafts- und Medienlandschaft in NRW national und international nachhaltig wirken können.
In Verzahnung von Theorie und Praxis werden in drei zentralen Forschungsprojekten Heuristiken, Qualitätsstandards und Formate für die Wissenschaftskommunikation erarbeitet. Das RRC verfolgt dabei eine Doppelstrategie: Die interdisziplinäre Wissenschaftsforschung liefert Meta- und Orientierungswissen zur Einschätzung wissenschaftlicher Praktiken über die gesamte disziplinäre Breite. Parallel stehen die bisher von der Wissenschaftskommunikationsforschung vernachlässigten Sozial- und Geisteswissenschaften im Fokus. Leitend ist dabei die Frage, inwieweit gerade diese Fachkulturen dank ihres Kontextualisierungspotentials Befunde aus anderen Disziplinen in größere Zusammenhänge integrieren können – und zwar jenseits von Feuilleton und populären Schemata der Vereinfachung.