Wissenschaft beschert uns nicht nur Fakten und keine letztgültigen Wahrheiten. Ideale von Werturteils- und Zweckfreiheit begründen wissenschaftliches Wissen, aber solche regulativen Ideen kollidieren auch immer wieder mit Vorstellungen von nützlicher und anwendbarer Wissenschaft. Wissenschaftsgeschichte und -soziologie sowie die science and technology studies haben zeigen können, dass es von spezifischen Kontextbedingungen abhängt, wie Wissenschaft definiert und praktiziert wird.
Am KWI ergänzen wir die klassischen Disziplinen der Wissenschaftsforschung um kulturwissenschaftliche Ansätze und Methoden. Damit rücken mediale, symbolische und performative Aspekte in den Blick: Welche Rolle spielen Speicherungsmöglichkeiten für die Tradierung wissenschaftlichen Wissens; wie verändern sich Autorschaft und Bewertung, Genres und Schreibweisen, Institutionen und Rituale? Welche Faktoren beeinflussen, wie Wissenschaft eingeübt, aufgeführt und ausgezeichnet wird? Auf welche Weise können Analysen von Wissenschaftskulturen eine philosophisch, soziologisch und historisch grundierte Wissenschaftsforschung ergänzen?
Wissenschaft ist schon immer kommuniziert worden. Die Untersuchung von interner und externer Wissenschaftskommunikation in ihren verschiedenen Funktionalitäten (von Hochschul-PR über das Sachbuch und den Wissenschaftsjournalismus bis zu neueren Unterhaltungs- und Partizipations-Formaten) bildet ein noch junges Feld und hat sich bisher auf den MINT-Bereich konzentriert. Hier sind Kulturwissenschaftler:innen auf zweifache Weise gefragt: Erstens gilt es, die Kommunikation der Sozial- und Geisteswissenschaften zu erforschen, und zweitens können Philologien sowie Bild- und Medienwissenschaften eigene analytische Zugriffe einbringen.
Am KWI werden Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation in verschiedenen Projekten erforscht. Innerhalb des von der VolkswagenStiftung geförderten Rhine Ruhr Center for Science Communication Research entsteht z.B. ein multidisziplinäres digitales „Living Handbook“, das fachwissenschaftliche und populäre Beiträge zusammenführt. Mit Workshops, Buchvorstellungen und auf unserem Blog beleuchten wir zudem die kulturellen Dynamiken, die geistes- und sozialwissenschaftliche Praxis verändern.
Aktuelles
Buchvorstellung „Ich sagen“ mit Florian Sprenger
In seinem jüngst erschienenen Buch „Ich-Sagen. Genealogie der Situiertheit“ skizziert der Medienwissenschaftler Florian Sprenger, wie sich Sprechakte und das Einbringen persönlicher Perspektiven in der Wissenschaft von einer Randerscheinung zu einem zentralen Anliegen entwickelt haben. Am 17.6.25 stellte er es im KWI vor und diskutierte mit Morten Paul und dem Publikum u.a. über die Herausforderung, ein […]
Heike Delitz über De- und Rekonstruktion des Subjekts
Im Rahmen des Workshops Das ungreifbare Selbst des Ich und des Wir. Psyche und Gesellschaft Anfang September am KWI Essen hielt die Soziologin Heike Delitz (Regensburg) einen Abendvortrag mit dem Titel „Das Selbst der französischen Soziologie und Anthropologie: Vom Subjekt als ‚Illusion‘ und als ‚Produkt‘ bis zu amerindianischen Subjekt-Begriffen“. Darin setzte sie sich mit dem […]
Neue Publikation basierend auf dem KWI-Workshop „Die Poesie der Reformen“
Ausgehend von einem im Mai 2022 am KWI veranstalteten Workshop mit dem Titel „Die Poesie der Reformen“, ist nun ein gleichnamiger open access Sammelband im transcript Verlag erschienen. Der von KWI-Direktorin Julika Griem, David Kaldewey (Universität Bonn) und Il-Tschung Lim (2022 Fellow am KWI), herausgegebene Band beschäftigt sich mit der Entwicklung des Diversity Managements an […]
Andreas Bernard über die „Erzählbarkeit von Epidemien“
Am 12.06. war im Rahmen des 6. Essener Wissenschaftssommers der Kulturwissenschaftler und Journalist Andreas Bernard zu Gast am KWI, um sein aktuelles Buch „Die Kette der Infektionen. Zur Erzählbarkeit von Epidemien“ vorzustellen. In seinem Buch zeigt Bernard, dass insbesondere seit dem 18. Jahrhundert Erzählformen bei der Durchsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse eine entscheidende Rolle spielen. Dafür spürt […]
Diskussion über Intellektuelle in der Postkolonie mit Yvonne Albers und Onur Erdur
Ausgehend von ihren aktuellen, viel besprochenen Büchern haben die Kulturhistorikerin und Arabistin Yvonne Albers und der Kulturwissenschaftler Onur Erdur am 6. Juni am KWI die Figur des Intellektuellen in der postkolonialen Situation einer Historisierung unterzogen. Sie räumten dabei mit vielen Klischees auf. Erdur rückte mit seiner Schule des Südens (Matthes & Seitz Berlin) die verdrängten […]
Wissenschaftskommunikation: Zwei Vorträge von KWI-Direktorin Julika Griem
Zwei Gastvorträge von KWI-Direktorin Julika Griem über Wissenschaftskommunikation sind nun online zum Nachschauen verfügbar. Am 2. November 2022 sprach Julika Griem an der Universität Freiburg im Rahmen der Vortragsreihe „Im Dialog. Wissenschaften und ihr Publikum“ des Studium generale der Universität Freiburg zusammen mit dem University College Freiburg. Ihren Vortrag „Orte und Räume der Wissenschaftskommunikation“ finden Sie hier in voller […]