23.06.

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Die Gegenwart der Komödie. Parabatische Verfahren bei Johann Nestroy

Tagung "Gattung und Gegenwart"

Christian Kirchmeier (KWI International Fellow)

Senatssaal, Universität Bonn

Gattungen und Genres sind einerseits wichtige Orientierungspunkte in unserer (medialen) Gegenwart, andererseits ist die Gattungstheorie eine „Reflexionsinstanz von Gegenwart“ als solcher (Keckeis/Michler 2020). Auf der Tagung sollen die verschiedenartigen Beziehungen von „Gattung und Gegenwart“ diskutiert werden.

Der Begriff „Gegenwart“ ist als historisch kontingent zu betrachten. Um 1800 wird der zuvor eher räumlich konnotierte Begriff zum Epochenbegriff, wie wir ihn heute kennen (vgl. Lehmann 2017). Kunst und Literatur haben ihren Anteil an den Veränderungen im Verständnis von Gegenwart, was sich unter anderem auf dem Gebiet der Gattungstheorie zeigt: In einzelnen Gattungen, Genres oder Textsorten wird Gegenwart unter je spezifischen medialen, formalen und praxeologischen Bedingungen ‚gemacht‘ und reflektiert. Sichtbar wird dies u.a. in Konjunkturen einzelner Gattungen zu bestimmten Zeiten sowie in Entstehungs- und Niedergangsnarrativen, denen ebenfalls zeitdiagnostischer Wert zukommt. Die literaturtheoretische Unterscheidung in die drei Gattungen Epik, Lyrik und Dramatik operiert um 1800 selbst wiederum mit einem ‚Zeitkriterium‘, wobei Gattungen als unterschiedlich gegewartsfähig erscheinen.

Wie wird Gegenwart/werden Gegenwarten in konkreten Gattungen und Genres unterschiedlicher Medien konstituiert und verhandelt? Können einzelne Gattungen als symptomatisch oder charakteristisch für bestimmte historische, gesellschaftliche und politische Konstellationen gelten und damit zu einem Parameter von Gegenwartsdiagnosen und -bilanzen werden? Diesen und andere Fragen soll auf der Tagung nachgegangen werden.