Es ist viel die Rede davon, dass Wissenschaftskommunikation Räume eröffnen und Grenzen und Barrieren überwinden soll; dass sie Menschen abholen und mitnehmen müsse. Von wo aber, und wohin, und auf welchen Wegen? In meinem Vortrag gehe ich davon aus, dass es nicht ausreicht, in verräumlichenden Metaphern über Wissenschaftskommunikation zu sprechen, wenn man sie weiterentwickeln möchte. Ich frage daher konkreter, welche materiellen Orte und Infrastrukturen, welche Bühnen und welche Positionen im Wissenschaftssystem der Kommunikation zur Verfügung stehen bzw. geschaffen werden müssen. Denn auch digitale Wissenschaftskommunikation operiert nicht ortlos: Sie reformatiert existierende Diskursräume wie z.B. das Seminar und die Vorlesung; sie spricht ihr Publikum an konkreten Orten an und vermittelt nicht zuletzt Bilder davon, wie wir heute den Raum und Ort der Universität denken und gestalten wollen. Der Vortrag wird sich anhand verschiedener Beispiele damit befassen, wie Räume und Orte der Wissenschaftskommunikation nicht nur als neutrale Hintergründe und Container fungieren, sondern wie sie Dialog und Disput, das Verstehen und Verhandeln von Wissenschaften in offenen und geschlossenen Konstellationen ermöglichen.
Über die 10. Jahrestagung der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung
Die gesellschaftliche Diskussion zu aktuellen Themen ist vermehrt und deutlich sichtbar angetrieben von Wissen und Scheinwissen, von Denken und Querdenken. Konsens ist nur bedingt erreichbar, Dissens ist eher die Regel. Der zu unser aller Entsetzen nach wie vor entfesselte Krieg in der Ukraine wirft ein weiteres Mal die Belastbarkeit von Nachrichten zwischen News und Fake News auf. Und im Zusammenhang mit der dynamischen Entwicklung der Pandemie dürfte auch dem Letzten wohl klar geworden sein, dass vermeintliches Wissen oft vorläufig ist und mitunter viel Zeit und Mühe nötig ist, um vorläufiges Wissen in einigermaßen gesichertes Wissen überführen zu können. Einfache Antworten auf komplexe Problemlagen gibt es in aller Regel nicht, aber es ist anzunehmen, dass Bildung außerordentlich hilfreich ist, die Probleme der Zeit angemessen anzugehen. Entscheidend ist dabei, Wissen von Scheinwissen, News von Fake News, Denken von Querdenken unterscheiden und angemessen einschätzen zu können, wo hinsichtlich bestimmter Problemlösungsvorschläge schon hinreichend Evidenz vorhanden ist, wo andererseits noch Unsicherheit besteht und, entscheidend, wie sich diese Unsicherheit mit Blick auf eine rational-angemessene Risikoabschätzung bewerten lässt.
Vor diesem Hintergrund wird eingeladen, das Motto „Bildung zwischen Unsicherheit und Evidenz“ zu einem besonderen Schwerpunkt der 10. GEBF-Tagung in Essen zu machen. Es wird sich dabei nicht nur um ein wichtiges Thema für die Bildungspraxis und die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern handeln, sondern in gleicher Weise auch für die Bildungsforschung – insbesondere auch aus Perspektive der verschiedenen an der empirischen Bildungsforschung beteiligten wissenschaftlichen Disziplinen.
Die zehnte Tagung der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung findet vom 28. Februar bis 02. März 2023 und die Nachwuchstagung am 27. Februar an der Universität Duisburg-Essen am Campus Essen statt.