12.04. – 13.04.

Online-Tagung: Alma Mater, Doktorvater

Die "Familienaufstellung" der deutschen Wissenschaft

u.a. mit Marian Füssel (Göttingen), Nacim Ghanbari (Giessen), Caspar Hirschi (St. Gallen), Marlene Friedrich (Bochum), Eva Geulen (Berlin), David Kaldewey (Bonn), Tobias Schlechtriemen (Freiburg), Urs Stäheli (Hamburg), Rembert Hüser (Frankfurt)

Virtuelle Tagung

Warum sprechen wir von der alma mater – und nur in Deutschland vom ‚Doktorvater‘ respektive ‚Doktormutter‘? Und warum, auch nur in Deutschland, vom ‚wissenschaftlichem Nachwuchs‘, als handle es sich bei Promovenden und Habilitanden um akademische Nesthocker, die das Elternhaus nicht verlassen und in die kalte Welt des Erwachsenseins hinaustreten möchten? Vor allem im deutschen Sprachraum lässt sich bis heute eine Semantik ausmachen, mit der akademische Sozialformen als quasi-familiäre Nahbeziehungen imaginiert und modelliert werden. Diese ‚Familiarisierung‘ von Wissenschaft nach dem Modell der konjugalen Familie ist voraussetzungs- und folgenreich: Sie skaliert institutionelle Aggregationsmöglichkeiten, schreibt geschlechterspezifische Muster und Rollen fest, privilegiert bestimmte Interaktions- und Organisationsformen und präfiguriert Konflikttypen und Lösungsansätze. In den Formen akademischer Vergesellschaftung hierzulande, so der Verdacht, werden Gefühlsstrukturen und affektive Bedürfnisse auf eine Weise ideologisch und machtförmig verfestigt, in der manches wiederkehrt, was man längst für überwunden geglaubt hat.

Die Tagung widmet sich der historischen und systematischen Untersuchung eben jener am Modell der (Klein)Familie orientierten Strukturierung akademischer Sozialformen mit dem Ziel, die Persistenz des Familialen in (deutschen) akademischen Selbst- und Fremdbeschreibungen genauer zu fassen und zu erklären.

Lesen Sie hier ein Vorab-Interview mit den drei Organisatorinnen Eva von Contzen, Eva Eßlinger und Julika Griem.