Anlässlich des Abschlusses des von der Volkswagen-Stiftung geförderten Projektes „Der zweite Theresienstadtfilm“ fand am 6. und 7. November 2019 die internationale Tagung „Filmfragmente und Zeitzeugenberichte“ am KWI statt. Untersuchungsgegenstand war der 1944 gedrehte NS-Propagandafilm Theresienstadt. Eine Dokumentation aus dem jüdischen Siedlungsgebiet, der das Konzentrationslager Theresienstadt als soziales Idyll und „Mustersiedlung“ inszenierte. Die vielfältigen Vorträge der Abschlusstagung sowie die internationalen wie interdisziplinär arbeitenden Forschungsteams und Wissenschaftler*innen verdeutlichten, wie vielschichtig und kontrovers das Ghetto Theresienstadt zu betrachten ist.
Von soziologischen und geschichtswissenschaftlichen Überlegungen über philosophische und musikwissenschaftliche Betrachtungen zu Theresienstadt reichten die im Rahmen des Projektes besprochenen Fragestellungen zum Theresienstadt-Film. Das System der Konzentrationslager der SS fand dabei ebenso Beachtung wie die Raumordnung in Theresienstadt, Entstehungskontext und -bedingungen des Films wurde gleichermaßen in Betracht gezogen wie analytische und theoretische Zuwendungen zum Film. Darüber hinaus interviewte das Forscherteam um den Sozialwissenschafter Hans-Georg Soeffner ehemals Internierte und berücksichtigte biographische Fragestellungen zu den Überlebenden.
Welchen Zweck der Film erfüllen sollte, bildete bei den Untersuchungen eine der Kernfragen. Sollte er nur eine Dokumentation des Besuches des Internationalen Roten Kreuzes darstellen? Wurde er als Schulungsfilm für die SS gedreht, welcher ein ‚Musterghetto‘ darstellt? Oder diente der Film schon als Verteidigungsstrategie der Schuldigen nach dem zweiten Weltkrieg?
Die interdisziplinär ausgerichteten Vorträge verdeutlichten den noch bestehenden Forschungsbedarf rund um das Konzentrationslager Theresienstadt, vor allem, solange es noch Überlebende aus Theresienstadt gibt, die berichten können.
Ein Nachbericht von Lara Pellner (Projektkoordinatorin)
Einen weiteren ausführlichen Nachbericht der Tagung finden Sie von Adrian Totaro (Institut für Sozialwissenschaften – Abteilung Soziologie, Universität Koblenz-Landau) auf H-Soz-Kult hier.