Was wollen wir über die Aussichten der Natur erzählen? Wie kann und soll überhaupt Natur in der Literatur erscheinen? Und welche Natur? Sollen Bäume twittern? Was ist schlimm daran, dass Schulkinder deutlich mehr Automarken kennen als Baumarten oder Singvögel? Wozu brauchen wir überhaupt noch die Begegnung mit dem, was wir Natur im eigentlichen Sinn nennen? Kommt es womöglich darauf an, ein „Leben nach der Natur“ (beyond nature) auszufantasieren?
Solche Fragen können aufkommen, wenn man sich mit der aktuellen Konjunktur von Naturbüchern beschäftigt – und wenn man gleichzeitig von den Alarmmeldungen aus unseren natürlichen Umgebungen liest oder hört. Ludwig Fischer hat einige dieser Fragen in seinem neuen Buch aufgegriffen und erörtert sie, indem er auf die große Tradition blickt, die sich in den USA und in Großbritannien mit Nature Writing gebildet hat, jener literarischen Ausarbeitung eingehender Naturerkundung, die immer auch eine Selbsterfahrung des wahrnehmenden Subjekts bedeutet. Das Buch entwirft die Herausforderungen, denen sich ein eigenständiges, vielfältiges deutschsprachiges Nature Writing gegenüber sieht, und erwägt die Impulse, die es setzen kann – nicht nur für die Literatur, sondern für unser Verhältnis zu Natur und Umwelt im Zeitalter des Anthropozäns.
Ludwig Fischer, geboren 1939 in Leipzig, war Professor für Neuere deutsche Literatur und Medienkultur an der Universität Hamburg. Er ist Landschafts- und Naturtheoretiker, Schriftsteller, Gärtner, Kräuterexperte. Letzte Veröffentlichung: Natur im Sinn. Naturwahrnehmung und Literatur, Matthes & Seitz 2019