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22.07.

Di / 18:00 – 20:00

Wissen als Politik: Ferdinand Tönnies im Spannungsfeld zwischen Politikwissenschaft und wissenschaftlicher Politik

Öffentlicher Abendvortrag in der "Stiftung Wissenschaft und Demokratie"

Alexander Wierzock, KWI

Stiftung Wissenschaft und Demokratie, Wall 40, 24103 Kiel

Auf die europäischen Fachdisziplinen an der Wende zum 20. Jahrhundert wirkte Ferdinand Tönnies (1855-1936) vielfach als Wissenschaftspionier. Diese wissenshistorische Verortung des Kieler Professors ist nicht nur für die von ihm hochgradig beeinflusste Einzeldisziplin der Soziologie zutreffend, deren lange ephemeren Status er und andere in der Weimarer Republik nach vielen beseitigten Hindernissen in den einer eigenständigen Disziplin mit ersten Lehrstühlen beförderten. Die Etablierung des Faches manifestierte sich auch an Tönnies’ Rollen als langjähriger Vorsitzender bzw. Präsident der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und seit 1921 als Lehrbeauftragter für Soziologie an der Universität Kiel. Gleichzeitig beschäftigte sich der Soziologe mit neuartigen Wissensgebieten, wie etwa Kriminologie und Semiotik. Ein ähnliches Betätigungsfeld bot die proto-instutionalisierte Politikwissenschaft. An der Diskussion um eine entstehende politologische Forschung und Lehre, die im spätwilhelminischen Kontext an Fahrt aufnahm und in Weimar in der Errichtung der Deutschen Hochschule für Politik kulminierte, hatte Tönnies beträchtlichen Anteil. Der hier angekündigte Vortrag wird sich dieses Engagement zum Ausgangspunkt nehmen, um hieran anschließend auszuloten, inwiefern Tönnies das interdisziplinäre Verhältnis zwischen Soziologie und Politikwissenschaft austarierte. Weitergehend wird danach gefragt, in welche Ordnung der Soziologe auf transdiziplinärer Ebene das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik überführte. Im Zuge dieser Klassifikationen wird auch berührt werden, wie sich Tönnies zu politischen Herausforderungen seiner Zeit positionierte. Anknüpfungspunkte hierfür bestehen bereits durch den Umstand, dass er sich seit den späten 1890er Jahren als politischer Intellektueller engagierte. Als solcher meldete er sich bis zu seinem Ableben, das in die Anfänge des Nationalsozialismus fiel, kritisch zu Wort – gegen Monarchie, Diktatur und Oligarchie, für demokratische Erneuerung.