Das Netzwerk Comic Literacies – Kulturtechniken des Komischen leistet die interdisziplinäre und bislang fehlende systematische Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Kulturtechniken, deren Anwendung das Komische hervorbringt, und dem Komischen selbst als einer facettenreichen Kulturtechnik. Es geht davon aus, dass diese interagierenden Verfahren ‚comic literacies‘ formen. Damit sind explizite und implizite Wissensinhalte gemeint, deren Kenntnis erlaubt, künstlerische Darstellungen, aber auch Alltagssituationen als komische Ereignisse zu produzieren oder rezeptionsseitig anzuerkennen. Ziel ist es, das Komische in seinen veränderlichen Darbietungs- und Wahrnehmungsformen als eine von vielfältigen Kultur-, Körper- und Medientechniken gespeiste Kulturtechnik zu fassen, die Kultur(en) entscheidend mitgestaltet.
Methodisch verzahnt das kulturwissenschaftlich ausgerichtete Netzwerk praxeologische und performative Ansätze der Komikforschung, medienwissenschaftliche Kulturtechnikforschung und Affektivitätsstudien, um Rückschlüsse über vergangene und gegenwärtige Mobilisierungen des Komischen zu gewinnen. Es setzt auf Kontextualisierung, um zugehörige soziale, ökonomische, politische, ethische, mediale und ästhetische Prozesse zu erarbeiten und um die strategischen Einsätze und Lücken, die Herkünfte, historischen Umbrüche und Wirkungsweisen komischer Phänomene und Vollzüge zu eruieren. Systematisch sind dafür drei Jahresthemen vorgesehen: Im Jahr 2025 widmet sich der Bereich ‚Materialitäten‘ der Forschungslücke des impliziten kulturellen Wissens oder ‚tacit knowledge‘, durch das Kulturtechniken des Komischen eingeübt werden, das sie umgekehrt aber auch evozieren und trainieren. Das Arbeitsfeld für 2026, ‚Arrangements‘, untersucht die raumzeitlichen Operationen der Kulturtechniken des Komischen und skizziert ihre Politiken im Rahmen von Ästhetiken und Dispositiven. Der dritte Bereich, ab 2027, fokussiert das Desiderat der ‚Affekte‘. Es ergründet die affektive Arbeit, die das Komische verrichtet, und fragt, wie seine Kulturtechniken in Verknüpfung mit Affektökonomien individuelle und kollektive Empfindungswelten zu organisieren suchen.
Das Netzwerk bringt einen breiten Medienbegriff in Anschlag, der gesprochene Rede und Schrift, Körper, Dinge und Gebräuche sowie Klänge, bildende und darstellende Künste, Literatur, Film und soziale Medien umfasst. Um fachübergreifendes Vokabular weiterzuentwickeln, das die kulturwissenschaftliche Erforschung der Kulturtechniken des Komischen (inter)national verankert, versammelt das Netzwerk Expertisen aus Kultur-, Kunst-, Theater- und Literaturwissenschaft (deutsche, englische, romanische Philologie, Komparatistik), aus Gender und Performance Studies sowie aus der Soziologie, erweitert um Vorträge ausgewiesener Gäste. Durch die fachspezifischen Aufmerksamkeiten der Beitragenden sowie durch historisch weit gestreute Artefakte und Konfigurationen erweitern die Analysen des Netzwerks das Verständnis von der Pluralität und Wirkkraft des Komischen und seiner Kulturtechniken.
Veranstaltungen des Netzwerks
- 13.-15. November 2025, KWI Essen: Jahrestagung ‚Materiality Matters: Figurations of Comic Bodies and Things‘
- 27./28. März 2025, Universität Hildesheim: Workshop ‚Materialitäten‘. Körperwissen: Materialität und Medialität
- 14./15. November 2024, KWI Essen: Workshop. Lachen machen. Zum Verhältnis von Kulturtechnik- und Komikforschung
- 24./25. November 2023, KWI Essen: Auftakttreffen des Netzwerks