Wie findet soziale Kontrolle in einer zunehmend digitalisierten Welt statt? Mit dieser Frage beschäftigt sich unser neues Forschungsprojekt am Beispiel des kommerziellen Automatenspiels in Spielhallen. Die Spielautomatenindustrie befindet sich in einer Umbruchphase. Spielhallen werden zunehmend mit Begriffen wie Spielsucht, Kriminalität und Quartiersverelendung in Zusammenhang gebracht. Die Politik hat darauf mit neuen Regulierungsmaßnahmen reagiert. In Kombination mit neuen technologischen Möglichkeiten (z. B. biometrische Zugangskontrollen, Spielertracking etc.) entsteht in der Spielhallenbranche ein neues Kontrollregime. Wir wollen diesen Prozess empirisch rekonstruieren und analysieren, wie dort soziale Kontrolle initiiert und institutionell umgesetzt wird, wie die betroffenen Spielenden und Unternehmen auf die Kontrollansätze reagieren und welche Umsetzungshindernisse und Ausweichbewegungen zu beobachten sind
Geplant sind kommunale Fallstudien in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Berlin, die sich auf Dokumentenanalysen, Experteninterviews mit Akteuren in den zuständigen Kommunalverwaltungen, Vertretern der Automatenverbände, Betreibern und Mitarbeiterinnen von Spielhallen sowie Spielenden stützen. Vorgesehen sind ebenfalls teilnehmende Beobachtungen in den Spielhallen.
Das Projekt verfolgt die Perspektive einer (konstruktivistischen) Soziologie sozialer Probleme und stützt sich bei der Interpretation der erhobenen Daten im Wesentlichen teils auf inhaltsanalytische, teils auf hermeneutische Methoden sowie auf die wissenssoziologisch orientierte Diskursanalyse. Mit dem kommerziellen Glücksspiel befasst sich das Projekt mit einem bislang von der (deutschsprachigen) Soziologie stark vernachlässigten Bereich sozialer Wirklichkeit. Wir verstehen diesen Bereich als eine Art Laboratorium veränderter Formen sozialer Kontrolle, wie sie sich auch in anderen gesellschaftlichen Feldern abzeichnen. Eine Untersuchung der digitalisierten Welt des Glücksspiels scheint besonders geeignet, uns zu einem besseren Verständnis darüber zu verhelfen, was soziale Kontrolle in Zeiten tiefgreifender Mediatisierung bedeutet.