Drogenkulturen sind tief mit der Ökonomie, der Regierung und dem Alltag europäischer Städte verwoben. Insbesondere in den letzten 40 Jahren ist der Konsum und Handel von legalisierten wie illegalen psychoaktiven Substanzen zu einem weit verbreiteten Phänomen avanciert, das alle sozialen Schichten auf unterschiedliche Weise betrifft. Im medialen und politischen Diskurs gilt jedoch vor allem die Präsenz von drogenbezogenen Praktiken in öffentlichen Stadträumen als problematisch. Zugleich werden diese Praktiken oftmals mit spezifischen urbanen Gebieten, wie „Ghettos“ oder „Angsträumen“ verknüpft und mit marginalisierten Bevölkerungsgruppen, wie Wohnungslosen, Sexarbeiter*innen oder Migrant*innen, in Verbindung gebracht.
Jenseits solcher Stigmatisierungen nehmen wir politischen Strategien, Regierungstechniken und Akteurskonstellationen urbaner Drogenkulturen in den Blick und fragen danach, wie diese zur Produktion von Räumen des Vergnügens, der Angst und des Alltags beigetragen haben. Wie haben die Praktiken, Diskurse und Konflikte um öffentlichen Drogenkonsum die Strukturen west- und mitteleuropäischer Städte seit den 1970er Jahren geprägt? Welche imaginären Geographien und Repräsentationen urbaner Drogenkulturen haben sich in diesem Zeitraum entwickelt? Wie haben Städte umstrittene narkotische Orte reguliert? Und welche Akteure haben diese Politiken in Frage gestellt und alternative Strategien und Visionen urbanen Raums entwickelt?
Um diese Fragen zu beantworten, untersuchen wir in sechs multi-lokalen Fallstudien historische wie zeitgenössische Drogenkulturen in neun Städten: Amsterdam, Berlin, Bordeaux, Kopenhagen, Frankfurt, Rotterdam, Prag, Budapest und Zürich. Unser Forschungsteam verbindet dafür Expertise aus Kulturgeographie und Geschichte sowie Kulturwissenschaft, Sozialarbeit und Stadtforschung. Zudem arbeiten wir mit zehn lokalen Partnern zusammen, die über vielfältiges Know-how und Expert*innenwissen verfügen, von Aktivist*innen und sozialen NGOs bis zu Bildungsträgern und Museen. Gemeinsam entwickeln wir das Europäische Archive of Public Drug Cultures – ein digitales Open-Access-Archiv, das Wissen über verschiedene Räume, Praktiken und Akteure versammelt und unerwartete Perspektiven auf den Zusammenhang von Drogen, Stadt, Regierung und Aktivismus eröffnet.